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Vom Totalverfall zum Schmuckstück

Die ABS Robur übergibt heute eine rekonstruierte Feuerwehr an das Dresdner Verkehrsmuseum. Der 1961 hergestellte Wagen wurde in achtzehn Monaten liebevoll saniert.Das Autodach war undicht, die Karosserie verrostet, der Holzaufbau verfault. 33 Jahre hatte die Feuerwehr ihren Dienst in Rabenau getan: Erst im ständigen Einsatz, dann für die Ausbildung der zukünftigen Brandbekämpfer als "Atze-Feuerwehr".

Der "S 4000-1 LF 16" hatte jetzt ausgedient. Die Rabenauer Besitzer konnten den Unterhalt nicht länger bestreiten und schenkten den roten Helfer dem Verkehrsmuseum in Dresden. In diesem Zustand konnte die alte Feuerwehr unmöglich ausgestellt und der Nachwelt erhalten werden. Das Verkehrsmuseum besann sich auf die Gesellschaft für Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung (ABS) Robur in Zittau, die seit 1992 alte Fahrzeuge überholt. Auf Grund guter Erfahrungen mit vorherigen Reparaturen gab man die Feuerwehr in die erfahrenen Zittauer Hände.Huckepack auf einem großen Laster kam das Auto 1998 nach Zittau. Vier Mitarbeiter der ABS nahmen sich der Aufgabe an. Nachdem das Desaster vollständig aufgedeckt war, hieß der Auftrag des Verkehrsmuseums nicht mehr Reparatur, sondern orginalgetreuer Wiederaufbau. "Das Schwierigste überhaupt waren die Holzarbeiten", sagt Fritz Hartmann, einer der Schlosser, "denn wir hatten ja keine Erfahrung damit." "Learning by Doing", ergänzt der Leiter der ABS Georg Haberstroh.Ein zweites Problem waren die nachträglichen Umbauten. Dafür mussten die alten Teile, wie zum Beispiel modelltypische Rückleuchten, gesucht werden. Vor allem aus Strahwalde von der Oldtimer-Tauschbörse wurden die Originalteile besorgt. "Mittlerweile haben wir Kontakt mit Oldtimer-Freunden aus Canada, Frankreich und der Schweiz", erzählte Rudolf Heinze, der Projektleiter. Sogar ein Sprungtuch konnte aufgetrieben werden. Wenn das ABS-Team gar nicht weiter wusste, wurden die sächsischen Feuerwehrmänner um Rat gefragt.

Rund 50 000 Mark Sachkosten wurden in die Sanierung des Lkw gesteckt. "20 000 Mark davon konnten an einheimische Firmen ausgeschüttet werden, die zum Beispiel die Lackierung übernahmen", macht der Projektleiter die Kosten transparent. "Hinzu kam, dass die Arbeitsämter die Lohnkosten übernommen haben." Den dreifachen Preis hätte das Museum einer Firma der freien Wirtschaft überweisen müssen. "Um den Firmen aber die Aufträge nicht wegzunehmen, dürfen wir als ABS auch nur für die öffentliche Hand arbeiten."Als gestern früh die Feuerwehr aus eigener Kraft zum Tor hinaus fuhr, wurde Fritz Hartmann traurig: "Man hängt doch dran." 18 Monate Arbeit in Rostwolken, in der ein altes, kaputtes Stück Technik unter persönlichem Einsatz Schritt für Schritt zu einem Schmuckstück heranwuchs. Sogar die Frauen der ABS, die bei Regen in den Hallen des ehemaligen Zittauer Armeegeländes Unterschlupf fanden, "haben mit riesiger Begeisterung mitgemacht", erinnert sich Heinze.Die Feuerwehr rollt heute samt allen technischen Zeichnungen und Bauerklärungen zum neunten Dampflokfestival nach Dresden. Danach schließen sich hinter ihrem Auspuffrohr die Museumstore. Auf dass die Besucher des Dresdner Verkehrsmuseums das blinkende Chrom, die originalgetreue Technik und die alten Feuerwehrdetails noch viele Jahre bewundern können.

Rainer Paul und Fritz Hartmann von der ABS Robur haben als Schlosser die alte Feuerwehr neu aufgebaut. Wie jeden Abend planten sie über den Zeichnungen die Arbeit für den nächsten Tag. Foto: SZ/Böhme

Von Thomas Mielke | Sächsische Zeitung