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Noch lange nichts für den Schrott
250.000 Nutzfahrzeuge hat VEB Robur zwischen 1950 und 1991 gebaut. Einige von ihnen fahren noch. Die SZ hat ein paar davon aufgespürt und erzählt ihre Geschichte.
Peter Klose muss erstmal putzen. Eine dicke Staubschicht liegt auf der Frontscheibe des graugrünen LO 2500. Jemand hat mit den Fingern darin rumgekritzelt. Peter Klose, 27 Jahre lang war er zuständig für die Kesselhäuser beim Fahrzeugbauer Robur in Zittau, wischt energisch.
Dann ist der Blick frei ins Innenleben des alten Mannschaftswagens der Zivilverteidigung. Das Lenkrad fehlt. „Und den Motor müssen wir austauschen“, sagt Klose. Darum steht das Fahrzeug hier, bei ABS Robur in Zittau, jener Gesellschaft zur Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung. 1991 gegründet, um Robur-Mitarbeiter aufzufangen, die nach dem Aus des Großbetriebes ohne Job dastanden.
Seit längerem bemüht sich die ABS, ein Robur-Museum auf die Beine zu stellen. Ist es fertig, wird der LO 2500 zum Ausstellungsstück. Andere Fahrzeuge wurden bereits fürs Verkehrsmuseum Dresden aufgebaut. Doch die Schrauber, die in Zittau (ur-)alte Feuerwehren, Busse oder Lkw wieder flott machen, arbeiten nicht nur fürs Museum. Privatleute und Feuerwehren gehören zu den „Kunden“ von ABS. Im Büro von Peter Klose hängen Dutzende Fotos von Reparatur-Erfolgsgeschichten.
Ersatzteile für die Rettungsarbeiten, die oft Jahre dauern, kann man irgendwo ausschlachten, weiß Klose, der bald 65 wird und eigentlich schon im Ruhestand ist. Doch Leute finden, die sich mit den alten Maschinen noch auskennen, wird immer schwieriger. Viele sind hochbetagt, manche leben nicht mehr.
Vor 20 Jahren lief der letzte Robur-LO in Zittau vom Band. Wann genau, lässt sich nicht recht klären. Rudolf Richter, einst Leiter der Versuchsabteilung bei Robur, nennt in den Sächsischen Heimatblättern von 2001 den September 1991, andere Quellen sprechen vom 11. November. Sicher ist, am 31. Dezember 1991 wurde die Produktion eingestellt. 103 Jahre Fahrzeugbau waren Geschichte, rund 5500 Menschen an 17 Standorten ohne Job, auch wenn man bis 1996 versuchte, doch noch etwas zu retten. Nur im Zittauer Unternehmen, Robur-Fahrzeug-Engineering, das mit Ersatzteilen handelt, steckt noch ein Stück Robur. Und in den LOs und Bussen auf dem Hof der ABS.
Es war 2005, als Jörg Israel den alten blauen Roburbus entdeckte. „Alte Fahrzeuge sind mein Spleen“, sagt der Jonsdorfer. Also hat er den Bus, Baujahr 1975, gekauft und aufgebaut. Seit 2007 fährt der Oldtimer mit den blauen Ledersitzen wieder. Und Jörg Israel schlüpft regelmäßig in eine Uniform des VEB Kraftverkehr und chauffiert von April bis Oktober Geburtstags- und Hochzeitsgesellschaften, Klassentreffen, Vereine (Kontakt: 035844 72450). Mit einem Robur-Armeelaster und Gulaschkanone ist er zudem auf Volksfesten zu Gast. Seiner Meinung nach hat Robur unbedingt ein Museum verdient. Foto: Irmela Hennig
Vielleicht wäre er die Zukunft gewesen, die Rettung für Robur, der O 611, später D 609? In den 70er und 80er Jahren entwickelte der Fahrzeugbauer 19 Lkw-Prototypen. Zukunftsweisend, nennt sie Thomas Giesel vom Verkehrsmuseum Dresden. Dort steht der letzte O 611 – ein bis zur Wende geheimes Objekt. Das Fahrzeug durfte, so die Anweisung aus Berlin, nie in Serie gehen. Alle Prototypen, bis auf den einen im Museum, wurden verschrottet. Das Museum in der Augustusstraße 1 hat noch mehr Roburfahrzeuge zu bieten. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Der O 611 steht allerdings im Depot.Foto: Verkehrsmuseum Dresden
Weil die Straßen in Steinigtwolmsdorf schmal sind, leistet der Robur LO-1800 bei der Freiwilligen Feuerwehr wichtige Dienste. Denn das Fahrzeug von 1972, das noch seinen Original-Lack hat, ist nicht breit und passt überall durch. Das war bei Brandeinsätzen schon entscheidend, weiß Steinigtwolmsdorfs Bürgermeister Guntram Steglich. Auch beim Hochwasser 2010 hat das Fahrzeug gute Dienste geleistet. Experten schätzen beim Robur vor allem die Geländegängigkeit: Wo ein anderer Lkw einsinkt, hält sich der Robur wacker. Trotz allem: Die Wehr von Steinigtwolmsdorf wird ein neues Fahrzeug anschaffen. Foto: W. Wittchen
(Sächsische Zeitung)
Von Irmela Hennig